Lange Meetings nerven
Ein berufliches Meeting sollte längstens eine Stunde dauern. Und es sollte mit harter Hand moderiert sein, damit niemand ins Schwafeln gerät, niemand monologisiert oder sich in Rage redet. Es sollte regelmäßig kleine Pausen geben, jemand sollte stoßlüften – denn das ist eine deutsche Tugend. Reiß einfach das Fenster auf! Auch die Pausen sind wichtig, die gab es in der Schule schon. Wieso wird dieses simple Schulwissen nicht in Unternehmen getragen? Wo ist die 5-Minuten-Pause geblieben? Und die Trinkpäckchen?
Nach einer Weile leidet die Konzentration enorm, wahrscheinlich nach 45 Minuten. Dann sitzen die Teilnehmer da und gähnen; unterdrücken es, versuchen es. Gähnen mit geöffnetem Maul wie eine Löwenmutter: «Uaaaah!» Die Gedanken schweifen ab, manche versinken im Handy oder im Laptop. Klick-klack. Wir würden uns freiwillig Stromstöße verabreichen, um nach zwei Stunden im Meeting endlich wieder etwas zu fühlen. Währenddessen verheddern sich zwei, drei Kollegen in einer völlig sinnlosen Diskussion. Die anderen starren ins Nichts, atmen stickige Luft, sterben innerlich. Kann bitte jemand das Fenster aufreißen? Aber niemand sagt etwas, alle leiden still und hoffen, dass es bald vorbei ist. Wie damals im Matheunterricht, als der besoffene Herr H. uns quälte.
Dritte Stunde
Die dritte Stunde beginnt. Die Teilnehmer sitzen weiterhin auf ungemütlichen Stühlen und täuschen vor, dass sie zuhören. Als sei das Gesagte tatsächlich: relevant. Vielleicht ist es das sogar, wer weiß? Viel wichtiger ist die Frage: Was ist eigentlich der Sinn dieses Meetings? Was ist das Ziel? Das sollte eindeutig und sämtlichen Teilnehmern klar sein, damit sich das Treffen nicht nach vergeudeter Zeit anfühlt.
Manchmal bekommen einzelne Teilnehmer ein plötzliches High und sie fangen verbal zu sprudeln an. Erzählen irgendeine Anekdote. Alle lachen hysterisch, weil der Sauerstoff in der Luft knapp wird. Der Raum ist winzig. Gedanken steigen wie Rauch nach oben. Ach, würde es doch brennen! Die Sprinkler würden uns benetzen! Spüre das kalte Wasser auf der Haut. Doch es brennen nur die Augen.
Ein Meeting sollte keine Stunde dauern und mit harter Hand geführt werden. Einen Diktator sollte es geben, der alle erschießen lässt, die zu langsam sprechen oder Unwichtiges erzählen. Nein! Ups, das ging zu weit. Diktatoren sind die, die erschossen werden sollten. Ähm. Jetzt bin ich durcheinander: Was wollte ich eigentlich loswerden? Dass ich nicht so lange in einem Meeting sitzen möchte. In einem kleinen Raum. Und das Fenster nur auf kipp.
Daniel Berger ist Tech-Journalist in Hannover, er schreibt Artikel über das Internet. Außerdem bloggt er Stadtgeschichten über Hannover. Mehr