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Instagram ist Heroin

Aber natürlich ist Instagram reine Zeitverschwendung. Trotzdem nutze ich die Plattform mehrmals täglich und schaue mir das alles an. Dabei ist der Charme von früher längst verschwunden: Instagram besteht nur noch aus ganz viel Content, der mich eigentlich nicht interessiert. Ich habe einmal die ersten 20 Beiträge analysiert, die mir die App nach dem Öffnen präsentierte – nur fünf davon stammten von Accounts, denen ich folge. Sieben Anzeigen bekam ich zu sehen, die meisten davon bewarben die neue Ricoh GR IV, die ich kaufen soll. Außerdem hat mir Instagram weitere Beiträge vorgeschlagen, also Inhalte von Accounts, denen ich nicht folge.

Ich vergeude hier mein Leben!

Wenn ich so auf dem Sofa liege und bräsig Instagram-Content konsumiere, schrecke ich manchmal auf und denke: Ich vergeude hier mein Leben! Was mache ich hier eigentlich? Damit ich künftig nicht mehr so arg in der App versacke, habe ich in den Android-Einstellungen ein Zeitlimit definiert – nach täglich 15 Minuten Instagram ist Schluss, und die sind erstaunlich schnell abgelaufen. Es ist ohnehin viel besser, zu fegen. Oder zu saugen. Oder den Geschirrspüler auszuräumen.

Instagram ist kaputt. Es ist eine Plattform, die meine Zeit stiehlt, die mir im schlimmsten Fall schlechte Laune bereitet, weil ich sehen muss, dass andere Leute einen fantastischen Urlaub erleben. Oder dass sie eine herrliche Radtour machen oder Ramen essen oder ihre hübsche Wohnung noch hübscher machen. Alles nur inszeniert, schon klar. Alles wird immer nur von der besten Seite gezeigt! Das ist nichts Neues.

Neid auf Fremde

Als ich 2017 in Japan war, erlebte ich die beste Reise meines Lebens. Alles war toll, selbst der viele Regen und die grotesken Spinnen. Und doch verspürte ich einen seltsamen Neid auf eine mir unbekannte Person, die Fotos von einem schönen Park in Kyoto gepostet hatte. Sogleich dachte ich, dass ich diesen Park unbedingt auch besuchen musste. Das war doch grober Unfug, warum sollte ich dieser Person nacheifern? Schon damals dachte ich, dass mir Instagram nicht die Laune vermiesen sollte.

Trotzdem habe ich diese dumme App weiterhin auf meinem Smartphone installiert. Aber immerhin widerstehe ich immer öfter dem Druck und halte Langeweile einfach aus. Stehe in der U-Bahn und denke: Ich möchte hier nicht sein. Natürlich nicht. Alle anderen flüchten ins Handy. Ein hässlicher Mann schaut sich schöne Mädchen auf dem Bildschirm an. (Weird.) Andere wischen wie in Trance durch den Content. Und ich? Ich schaue auf fremde Displays. Es gibt kein Entkommen.

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Daniel Berger ist Tech-Journalist in Hannover, er schreibt Artikel über das Internet. Außerdem bloggt er Stadtgeschichten über Hannover. Mehr